10 Tipps für ein bewussteres Liebesleben
In jüngster Zeit sind eine Reihe von Büchern zu den Themen Slow Sex, Soul Sex, Tantrischer Sex, Stiller Sex usw. erschienen, die eines gemeinsam haben: Einen Trend zum bewussteren Liebesleben. Mit den nachfolgenden 10 Tipps könnt ihr für euch prüfen, ob das auch ein Thema für eure Partnerschaft ist.
1. Bewusster Sex beginnt nicht mit Sex
Bewusster Sex beginnt nicht damit, Brüste, Lingam oder Yoni zu berühren. Bewusster Sex beginnt mit einer geistigen Neuorientierung: Weg von althergebrachten Glaubenssystemen, wie Sex zu funktionieren hat, und hin zu einem bewussten Umgang mit der sexuellen Energie und dem Einlassen auf die sexuelle Intelligenz des Körpers.
Wir müssen uns bewusst machen, dass das Liebesspiel mehr ist als Erregung, Hitze, Stimulation und die Vereinigung von Geschlechtsteilen. Es ist ein energetischer Austausch von Polaritäten: Mann und Frau, positive und negative Ladungen, Yin und Yang. Nicht der Orgasmus ist das Ziel, sondern das “orgasmisch sein”. Sexuelle Energie hat auch noch eine andere Dimension: sie ist spirituelle Energie, bei der wir das "Einssein", das Erleben der Liebe, konkret erfahren können.
2. Slow Sex: Achtsamkeit und Langsamkeit beim Liebesspiel
Je mehr Zeit wir uns beim Liebesspiel nehmen, desto mehr können wir uns dabei entspannen und bewusster wahrnehmen, was wir tun. Der Körperrhythmus der Frau braucht viel mehr Zeit für die sexuelle Erweckung, als der Mann. Ihre Erregungskurve ähnelt einem Bügeleisen: Es erwärmt sich langsam, bis es seinen heißesten Punkt erreicht und kühlt dann langsam wieder ab. Männer reagieren da eher wie Lichtschalter, beim Einschalten sind sie sofort hell entflammt.
Nimm dir als Mann die Zeit, die du glaubst, die sie benötigt ... und verdopple sie dann. Je länger euer Liebesspiel dauert, desto bereiter wird sie dich aufnehmen. Sehr oft lassen Frauen die Männer viel früher hinein, als sie eigentlich bereit sind - dadurch geht der weibliche Körper auf Rückzug. Je mehr du ihr Bedürfnis nach Achtsamkeit und Langsamkeit würdigst, desto mehr Raum gibst du ihr sich zu entfalten. Als wunderbaren Nebeneffekt wirst du zudem merken, dass sich dein Leistungs- und Erwartungsdruck auflösen wird und du die sexuelle Energie über längere Zeit halten kannst.
3. Beachte die Polaritäten bei der sexuellen Erweckung von Mann und Frau
Sexuelle Energie unterliegt den gleichen Naturgesetzen wie jede andere Energie: sie entsteht im Spannungsfeld von positiv-dynamisch und negativ-rezeptiv geladenen Polen. Der Pluspol gibt die Energie ab, der Minuspol zieht sie an. Beide Pole mit ihren entgegengesetzten Kräften sind gleich bedeutsam. Unser Körper hat einen inneren Magneten, wobei die Pole bei Männern und Frauen entgegengesetzt angeordnet sind. Bei Frauen liegt der positive Pol im Brustbereich und der negative Pol im Genitalbereich. Bei Männern ist es genau umgekehrt. Aus ihrem eigenen Erleben heraus neigen Männer dazu, das Vorspiel beim konventionellen Sex bei der Genitalregion der Frau zu beginnen. Da die Vagina jedoch ein negativ-rezeptiver Pol ist, kann von dort keine sexuelle Energie aufsteigen. Die sexuelle Erweckung der Frau geschieht bei ihren Brüsten und kann von dort zu Ihrer Vagina überfließen. Die Aufmerksamkeit des Mannes sollte also erst dem ganzen Körper der Frau, dann ihren Brüsten und erst relativ spät ihrer Vagina und Klitoris zugewendet sein. Übrigens hat auch der Mund bei der Frau eine direkte Verbindung zu ihrem Genitalbereich. Beim Küssen fließt die Energie vom Mund über die Brüste zur Vagina.
Die männliche sexuelle Energie wird stattdessen im Genitalbereich erweckt und kann dann zum Herzen überfließen. Frauen können das Herz ihrer Männer also über die Aufmerksamkeit für seinem Lingam erreichen. Da den meisten Menschen diese Tatsachen nicht bewusst sind, hat dies leider zu weitverbreiteten Mißverständnissen über angeblich "genitalfixierte Männer" und "sexuell zurückgezogene" Frauen geführt. Wenn beide in ihrem ureigensten Wunsch nach Würdigung ihrer sexuellen Polaritäten gesehen werden, kann sehr viel sexuelle Heilung geschehen.
4. Verehre deinen Liebhaber, deine Liebhaberin
Die Grundlage für funktionierende Beziehungen sind Respekt, Wertschätzung und Anerkennung. Jede Frau, jeder Mann möchte ganz angenommen und gesehen werden. Und jeder von beiden spielt eine besondere - meist unbewusste- Rolle für den anderen: als Spiegel, als Verstärker, als Knöpfedrücker usw. Robert Betzt sagt es treffend: Wir haben zu diesem Zeitpunkt genau den richtigen Partner, den wir für unseren persönlichen Prozess benötigen. Eine besondere Form der Wertschätzung und Anerkennung ist die Verehrung auch und vor allem auf der körperlich-sexuelle Ebene.
Verehre während des Liebespiels den ganzen Körper und jede Körperstelle deines Liebhabers/deine Liebhaberin. Mit Berührungen, Aufmerksamkeit und Worten. Sage ihr/ihm was du schön findest. "Ich liebe deine empfindsamen Brüste", "Ich kann spüren, wie kraftvoll dein Lingam ist", "Ich fühle mich so sicher bei dir". Halte beim Streicheln und Berühren manchmal inne und verbinde dich bewusst mit diesem Körperteil und lass deine Verehrung dorthin fließen.
5. Lerne, die sexuelle Energie zu halten
Für die meisten Menschen ist das Liebesspiel eine Jagd nach dem Orgasmus. Jede Berührung, jede Handlung ist diesem Ziel untergeordnet. Wir sind darauf konditioniert, die Energie nach außen abzugeben. Im Taoismus und im Tantra bemüht man sich stattdessen die Sexualenergie, diese kostbare, kreative und grundlegende Lebensenergie zu halten und in andere Ziele zu transformieren: Gesundheit, Erleuchtung, Körperenergetisierung, Visualisierung usw. Für Männer ist es oft eine Offenbarung, wenn sie lernen, die Ejakulation vom Orgasmus abzutrennen und die sexuelle Lebensenergie für mehr Lebendigkeit im Körper zu verwenden - oder für multiple Orgasmen ohne Ejakulation. Zumindest wachsen die Wahlmöglichkeiten, wenn ein Mann selbst entscheiden kann ob und wann er kommt. Für Frauen gilt ähnliches: wenn die Jagd nach dem Orgasmus weg fällt, kann sie sich mehr entspannen und sich dem "orgasmisch sein" hingeben.
Tiefes und entspanntes Atmen ist eine der Grundlagen zum Halten der Energie. Eine weitere ist es zu lernen, "auf der Welle zu reiten". Lass dich von deinem Partner/deiner Partnerin immer wieder bis kurz vor den "Point of no Return" bringen, macht dann eine Pause und beginnt von neuem. Hilfreich ist es, in der Pause die sexuelle Energie mit den Händen aus dem Genitalbereich in den Körper zu verteilen.
6. Bringe Bewusstheit in Lingam, Yoni und Brüste
Aus der Meditationspraxis wissen wir, dass die Energie dorthin fließt, wohin die Aufmerksamkeit geht. Wenn wir uns bewusst sind, dass beim Liebesspiel sexuelle Energie fließt, die wir mit unseren Händen und der entsprechenden Aufmerksamkeit beeinflussen können, sind ganz neue Dimensionen der Begegnung denkbar. Wenn Männer mehr Bewusstheit in ihren Lingam und Frauen in ihre Brüste und in die Yoni bringen, können diese ihrer eigenen, in sich gespeicherten sexuellen Intelligenz folgen. Lingam, Yoni und Brüste sind die feinsten wahrnehmenden Organe des männlichen bzw. weiblichen Körpers. Sie haben ihr eigenes Bewusstsein und ihre eigene Wahrnehmung.
Verbinde dich selbst immer wieder gedanklich und meditativ mit deinen Genitalien, nimm ihre Bedürfnisse und Präsenz wahr und sende positive Energie dorthin. Verehrt, wertschätzt und nährt euch von der kraftvollen Energie des Lingams, von der umschließenden rezeptiven Wesenheit der Yoni und der ursprünglich-liebenden Kraft der Brüste.
7. Nutze die Kraft der Töne und der Kommunikation
Jeder ist für sein Lustempfinden selbst verantwortlich. Nicht der Partner oder die Partnerin. Deshalb musst du deine Erwartungen und Wünsche mitteilen - über Worte, Laute oder Bewegungen. In vielen langjährigen Partnerschaften wird kaum über Sex und die eigenen Wünsche gesprochen - oft aus Scham oder aus Angst den anderen zu verletzen oder zu überfordern. Es scheint so, als ob das Reden über Sex intimer wäre, als der Sexualakt selbst. Und das ist meist auch so. Wenn ich über meine Wünsche, Erwartungen und Gefühle rede, muss ich mich öffnen und mache mich verletzbar. Also, redet mehr miteinander. Manchmal reicht nur eine kleine Information an den Partner/die Partnerin aus, um Missverständnisse aus der Welt zu schaffen oder bisher geheime Wünsche wahr werden zu lassen.
Die taoistische Sexuallehre besagt, dass die Kehle mit den Genitalien verbunden ist. Wenn deine Kehle offen ist, sind auch deine Genitalien offener. Wahrscheinlich hast du schon selbst erlebt, das auch sexuelle Geräusche sexuelle Energie sind. Nichts ist erregender als Stöhnen. Dich selbst stöhnen zu hören und deinen Liebhaber/deine Liebhaberin stöhnen zu hören. Das wirkliche wollüstige Stöhnen, nicht das vorgetäuschte.
8. Liebe deinen nackten Körper
Je mehr du deinen eigenen Körper liebst, desto mehr wirst du den Sex genießen. Je mehr du deinen eigenen Körper ablehnst, desto weniger attraktiv wirkst du auf deinen Partner. Vielleicht hast du selbst schon Menschen gesehen, die zwar äußerlich nicht deinem Idealbild entsprechen, die aber dennoch erotisch und anziehend auf dich wirken. Einfach, weil sie mit ihrem eigenen Körper verbunden sind, ihn lieben.
Es hat einen Grund, warum dein Körper heute so aussieht, wie er ist. Er ist ein Spiegel deiner eigenen Geschichte. Jede Zelle deines Körpers ist gespeicherte Vergangenheit und wartet darauf, von dir mit einem "Ja" willkommen geheißen zu werden. Es wird sich nichts verändern, wenn du deine persönliche Geschichte und deinen Körper nicht liebevoll annimmst. Zeige dich öfter nackt - zu Hause, am FKK-Strand oder in der Sauna. Und sieh auch dort alle diese unterschiedlichen Körperformen. Kaum jemand sieht wie ein Covergirl aus. Und ganz wichtig: Mache Selbstliebe, so oft du möchtest. Wirkliche Selbstliebe und kein Energieabbau.
9. Wisse, was du tust
In unserer Gesellschaft gibt es im Gegensatz zu naturorientierten Kulturen keine Tradition, die die Sexualität lehrt (der Sexualkunde-Unterricht beschränkt sich meist auf die funktionale Ebene und die Darstellung des herkömmlichen Sex). Trotz sexueller Freizügigkeit gibt es erstaunlich wenig Wissen über Intimität, Berührung und Sexualität. Stattdessen bestehen viele sexuelle Mythen und falsche Vorbilder (wie z.B. Pornos). Wenn du als Frau weißt, auf welche Art und Weise du den Lingam berühren, massieren, streicheln und erregen kannst und dabei Sicherheit ausstrahlst, wirst du auch das Herz des Mannes erreichen. Wenn du als Mann die Bedürfnisse des weiblichen Körpers kennst und durch die Art und Weise deiner Berührungen würdigst, wird die Frau sich für dich öffnen.
Lerne soviel über bewusste Sexualität, wie du lernen kannst: über Bücher, Seminare, Videos und durch Nachfragen bei deinem Partner/deiner Partnerin. Du wirst von anderen Sichtweisen erfahren und Informationen erhalten, die Aha-Erlebnisse auslösen.
10. Die Kunst der sexuellen Vereinigung
Lingam und Yoni lieben sich. Der Lingam möchte von der Yoni umfassend aufgenommen werden und die Yoni möchte den Lingam empfangen. Beides sind aber auch sehr empfindsame Wesenheiten mit alten Emotionen, früheren Verletzungen und Konditionierungen. Ein liebender Lingam und eine liebende Yoni nähren und heilen sich gegenseitig.
Überlasst bei der Vereinigung der sexuellen Intelligenz eurer Körper die Führung. Wenn ihr euch vereinigt, dann in Langsamkeit. Sei ganz eins mit deinem Lingam und deiner Yoni. Fühle, was dein Lingam, was deine Yoni im Moment fühlt. Überlasst alle Bewegungen eurem Körper. Tut nichts, was ihr von anderen Liebhabern/Liebhaberinnen gelernt habt oder was ihr glaubt tun zu müssen. Bleibt dabei im liebevollen Dialog.
Lasst den Impulsen eurer Körper freien Lauf - von ganz ruhig ineinander liegen bis zu verschiedenen Variationen des Eindringens und Empfangens (hart, schnell, langsam, tief, seicht u.ä.). Lasst euch nicht von der ersten Welle mitreißen, sondern macht immer wieder Pausen, um nachzufühlen, was gerade ist und welches Bedürfnis euer Körper anmeldet.
Dieses englische Sprichwort ist ein prima Leitfaden für bewussten Sex: "Like a fine bottle of wine, good sex needs time."
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© Ralf Lieder / himmlisch-lieben.de