Vorspiel 01:

Die Bedeutung des Rituals beim bewussten Lieben

Die Bedeutung des Rituals beim bewussten Lieben

Wie wir im Kapitel "Was ist bewusstes Lieben?" erwähnt haben, handelt es sich beim bewussten Lieben im Wesentlichen um eine geistige Neuorientierung und erfordert einen Wandel hinsichtlich althergebrachter Vorstellungen über unser Liebesleben. Bei vielen Paaren findet der Sex entweder zu bestimmten Zeiten statt (z. B. immer Sonntags morgen) oder eher zufällig, wenn ein Partner den Anfang macht und der andere sich darauf einlässt. Manchmal ist die Erotik auch ganz eingeschlafen - aus welchen Gründen auch immer.

Beim bewussten Lieben wird das sexuelle Beisammensein dagegen als Ritual gefeiert. Beide Partner vereinbaren dafür einen Termin und bereiten einen ihrer Beziehung geweihten inneren und äußeren Raum vor (siehe nächstes Kapitel). Das Ritual (ein anderes Wort dafür ist Zeremonie) verleiht dieser besonderen Begegnung eine außergewöhnliche Bedeutung, die sie aus dem Alltag heraus hebt. In unserer Gesellschaft gibt es zwar immer noch eine Vielzahl von Ritualen (vom Händeschütteln über das Aufstehen beim Begrüßen bis zur Silvesterfeier), viele Menschen stehen ihnen aber ambivalent gegenüber. Zum einen werden Rituale oft mit religiösen Zusammenhängen verknüpft und bedeuten den Menschen nicht mehr viel. Auf der anderen Seite werden herausragende Anlässe gerne in Form von Ritualen gefeiert, wie die Hochzeit, die Abi-Feier, der Geburtstag usw.

Rituale sind geprägt von nach vorgegebenen Regeln ablaufenden Handlungen mit hohem Symbolgehalt, die häufig von bestimmten Wortfolgen und festgelegten Gesten begleitet werden. Dadurch heben sie eine Situation aus dem Alltag heraus und verleihen ihr eine gewisse Festlichkeit. Die besondere Kraft der Rituale liegt darin, dass sie in einen anderen Bewusstseinzustand führen können, weil sie sich stark an das Unterbewusstsein richten.

Wir laden Sie dazu ein, sich dem Gedanken zu öffnen, die Bewusstes Lieben-Begegnungen als Ritual zu feiern, auch wenn Sie vielleicht anfangs etwas skeptisch sind und den Sinn hinterfragen. Sie werden feststellen, dass in dieser rituellen Zeremonie ein gewisser Zauber liegt, der die oft vermissten romantischen Momente abseits des Alltags wieder in ihre Beziehung holen kann.

Wir stellen Ihnen in diesem Kapitel einige mögliche Abläufe für ein Ritual vor. Viel schöner ist es aber, gemeinsam ein individuelles Ritual zu entwickeln. Vielleicht beginnen Sie einfach mit dem von uns beschriebenen rituellen Ablauf und wandeln diesen mit der Zeit um, bis Sie das für Sie beide stimmige Vorgehen gefunden haben.

Die nachfolgenden Elemente sind essentiell für ein Bewusstes Lieben-Ritual:

1. Die Festlegung eines Termins für das Bewusstes Lieben-Ritual
Das Wesen einer rituellen Feier ist nicht die eines zufälliges Zusammentreffen, sondern das Resultat einer gemeinsamen Vereinbarung oder der Vorgabe von einem Termin (z.B. Sonntagsmesse um 10:00, Sonnenwendfeier am 21.06.) von einem Ritual-Verantwortlichen.

Ihre erste Aufgabe besteht deshalb darin, einen Termin für Ihr Bewusstes Lieben-Ritual zu finden. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, anhand ihrer beider Terminkalender einen Tag und eine Uhrzeit festzulegen. Eine andere, einen festen wiederkehrenden Termin zu vereinbaren (z.B. jeden Mittwoch Abend ab 20 Uhr).

Eine sehr reizvolle Alternative zur gemeinsamen Terminvereinbarung ist die Zuweisung von Verantwortlichkeiten. Jede oder jede zweite Woche ist beispielsweise ein anderer Partner dafür verantwortlich, einen passenden Termin zu benennen, den anderen Partner dazu einzuladen und das Ritual vorzubereiten und auszuführen.

Worauf Sie bei der Terminfindung achten sollten

Für Ihr Bewusstes Lieben-Ritual sollten Sie sich mindestens drei Stunden Zeit gönnen, in denen Sie absolut ungestört sind. Wenn nebenan die Kinder spielen oder anschließend ein wichtiger Geschäftstermin ansteht, ist an richtige Entspannung kaum zu denken. Beachten Sie deshalb folgende Regel für die Terminfindung:

- Stellen Sie sicher, dass während der Zeit des Bewusstes Lieben-Ritual keine Störungen erfolgen: Kinder aus dem Haus, Handy ausgeschaltet, keine Nachfolgetermine usw.
- Planen Sie mindestens einen Zeitraum von drei Stunden ein. Am Besten mit Open End für alles, was danach noch folgen kann
- Falls ein geplanter Termin einmal kurzfristig ausfallen muss, vereinbaren sie sofort einen neuen, weil sonst die Gefahr besteht, dass sich die Sache verläuft.
- Quetschen Sie den Bewusstes Lieben-Termin nicht zwischen andere Termine, sondern lassen Sie ausreichend Zeit vor und nach dem Zusammensein.

2. Die Vorbereitung des geschützten erotischen Raums
Ein wesentlicher Bestandteil eines Rituals ist ein entsprechend eingerichteter und vorbereiteter Raum in dem die Zeremonie stattfindet. Wir nennen ihn den “geschützten erotischen Raum” und beschreiben seinen Sinn und Zweck im Kapitel "Vorspiel 02: Der geschützte erotische Raum". Die gemeinsame Vorbereitung des gemeinsamen Raums ist ein integrales Element des Rituals, bei der Sie sich bereits auf die besondere Energie einstimmen, die beim Bewussten Lieben entsteht. Eine schöne Atmospäre entfaltet sich, wenn ein Partner den Raum vorbereitet und seine Liebste/seinen Liebsten dann hineinführt - vielleicht sogar mit verbundenen Augen.

3. Die Eröffnung des Bewussten Lieben-Rituals
Während der Bewussten Lieben-Begegnung begeben Sie sich gemeinsam in eine höhere Ebene der Erfahrung und des Bewusstseins. Mit einer rituellen Eröffnung und Begrüßung bekräftigen Sie den Wunsch beider Partner, sich auf dieses Erlebnis einzulassen und setzen gleichzeitig einen Startpunkt für den Beginn des Bewussten Lieben-Rituals. Auch wenn Sie diesem ganzen rituellen "HokusPokus" vielleicht noch etwas skeptisch gegenüber stehen und die rituelle Eröffnung anfangs vielleicht noch etwas ungelenk wirkt, laden wir sie ein, ihr eine Chance zu geben. Viele Paare stellen fest, dass sie sich nach der rituellen Eröffnung sofort auf einer anderen Bewusstseinsebene befinden - je zeremonieller sie gestaltet wird, desto sinnlicher entwickelt sich oft das darauf folgende Bewusstes Lieben-Ritual.

Die rituelle Eröffnung und Begrüßung kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Wir stellen Ihnen hier einige Möglichkeiten vor. Noch harmonischer wird es, wenn Sie Ihre eigenen Gesten und Worte finden.

- Die tantrische Begrüßung
Die tantrische Begrüßung zielt darauf ab, einen gemeinsamen heiligen Raum zu schaffen und zu betreten. Sie ist eine bewusste Öffnung für das höhere Selbst. Die Partner sitzen sich jeweils auf einem Kissen im Reitersitz gegenüber, nehmen die Hände in die Namasté-Haltung (indische Begrüßung, ähnlich der westlichen Gebetshaltung) und sprechen eine Begrüßungsformel. Diese kann aus einem einfachen "Namasté" bestehen (Ich grüße das Göttliche in dir), ein kurzer Begrüßungstext sein (z.B. Ich begrüße die Shakti/den Shiva in dir) oder aus einer Einladung bestehen (z.B. Ich lade dich dazu ein, diesen besonderen Moment mit mir zusammen zu genießen). Anschließend verbeugen sich beide Partner voreinander.

Shiva und Shakti - die männlichen und weiblichen Prinzipien im Tantra

In der Schöpfungsgeschichte des Tantra spielen die beiden Polaritäten Shiva als das göttliche männliche Prinzip und Shakti als das göttlich weibliche Prinzip eine zentrale Rolle. Während Shakti die Liebe und das unendliche Mitgefühl repräsentiert, steht Shiva für Eros und Geist. Sie werden als Gottheiten verehrt, aber im Sinne eines Sinnbilds für die Polarität des Lebens. In ihrem Spannungsfeld bilden sie das kosmische Gewebe, die Schöpfung selbst. In Bildern werden diese beiden Gottheiten oft gemeinsam im so genannten Yab-Yum-Sitz dargestellt: Shakti sitzt im Schoß von Shiva und beide bilden damit eine Vereinigung.

- Die gegenseitige Einladung
Setzen Sie sich gegenüber und nehmen Sie sich an den Händen. Laden Sie sich nun gegenseitig mit Ihren eigenen Worten ein, das Bewusstes Lieben-Ritual gemeinsam zu feiern.

Beispiele:
“Ich möchte dich zu einer schönen gemeinsamen sinnlichen Erfahrung einladen.”
"Ich freue mich darauf, jetzt mit dir eine schöne sinnliche Zeit zu erleben und liebe es, dir meine ganze Aufmerksamkeit und Liebe zu geben. Ich lade dich dazu ein, zu genießen, was ich dir zu geben habe"
"Ich gebe mich ganz in deine Hände und freue mich darauf eine schöne Zeit zu erleben."

Persönliche Kräfte einladen

Paare, die einen Bezug zu Dimensionen des höheren Selbst haben, können zusätzlich persönliche Kräfte einladen. Auch wenn wir diese mit unserem normalen Bewusstsein nicht erfassen können, so wirken sie doch im Unbewussten. Sie können dies beispielsweise mit den folgenden Worten: tun: “Ich lade die Kraft des Vertrauens (oder der Liebe, des Öffnens für neue Erfahrungen, des Heilens alter Verletzungen, der tieferen inneren Verbindung, der Hingabe usw.) ein, jetzt bei uns zu sein”.

- Das gemeinsame Lesen der Beschreibung für das Bewusstes Lieben-Ritual
Einer der Partner liest die Beschreibung für das Bewusstes Lieben-Ritual vor, für dass Sie sich für diese Begegnung entschieden haben. Reden Sie anschließend darüber, welche Gedanken Ihnen dazu kommen, welche speziellen Wünsche Sie vielleicht haben oder welche Gefühle sich gerade zeigen. Finden Sie dann noch eine Geste für den Beginn, wie z.B. eine Umarmung, Hände halten, in die Augen schauen usw.

- Der Seelenblick
Setzen Sie sich gegenüber und schauen Sie sich drei bis vier Minuten lang in die Augen, ohne dabei zu reden. Öffnen Sie sich für Ihren Partner/Ihre Partnerin und lassen sie/ihn durch Ihre Augen quasi in Ihre Seele blicken. Versuchen Sie gleichzeitig achtsam und liebevoll über seine/ihre Augen tief in den eigentlichen Menschen zu blicken, der vor Ihnen sitzt. Finden Sie auch hier wieder eine Geste, um den Beginn des SlowSex-Rituals zu kennzeichnen.

- Ihr individuelles Begrüßungsritual
Am schönsten für Sie Beide ist es, wenn Sie Ihr eigenen Begrüßungsritual finden. Es soll Ihnen helfen, aus dem Alltag auszusteigen und sich bewusst auf die kommende Begegnung einzustimmen. Es kann aus Gesten und rituellen Worten bestehen, aus einem Gedanken- und Gefühlsaustausch und vieles mehr. Behalten Sie dabei immer den Gedanken einer Zeremonie im Auge.

4. Die Beendigung des Rituals
Nachdem Sie das Bewusstes Lieben-Ritual genossen haben, empfehlen wir Ihnen, diese besondere Begegnung wieder rituell abzuschließen, damit die gemeinsamen Erlebnisse von den Herausforderungen des Alltag abgehoben werden. Sie schaffen sich somit emotional und gedanklich einen Raum, der nur der Erotik und der Verbundenheit gewidmet ist.

Magic Moments

“Magische Momente” sind romantische Augenblicke zu zweit, die ein Lächeln in unsere Gesichter zaubern. Es sind Erlebnisse, die uns sehr berühren und an die wir uns auch nach langer Zeit noch gerne mit einem warmen Gefühl erinnern. Magic Moments sind die besonderen Gelegenheiten, die das Feuer in einer Beziehung weiterhin lodern lassen - oder es wieder anzünden. Aber Magic Moments kommen nicht von alleine, sondern bedürfen einiger Vorbereitung, Planung, Aufmerksamkeit und Zugewandheit. Aber die Mühe (wenn es eine sein sollte) lohnt sich: Ihr Partner/Ihre Partnerin wird Sie mit funkelnden Augen entschädigen. Einige Ideen für solche Magic Moments finden Sie auf unserer Webseite http://himmlisch-lieben.de/magic_moments.html. Auch diese magischen Momente werden noch einmal auf eine andere Ebene gehoben, wenn Sie sie in rituelle Handlungen einbinden.